Venezuela / Politik

Oberstes Gericht in Venezuela kippt Vorwahlen der Opposition

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Der Oppositionspolitiker José Brito wirft der Vorwahlkommission von Venezuela Wahlbetrug vor
Der Oppositionspolitiker José Brito wirft der Vorwahlkommission von Venezuela Wahlbetrug vor

Caracas. Die Wahlabteilung des Obersten Gerichtshofs von Venezuela hat das gesamte Vorwahlverfahren der Opposition aufgehoben, in dem die rechtsradikale Oppositionspolitikerin María Corina Machado mit 93 Prozent der Stimmen zur Kandidatin der "Einheitlichen Plattform" bei den Präsidentschaftswahlen 2024 gewählt wurde.

Diese Wahl wurde am 22. Oktober von der selbst ernannten Nationalen Vorwahlkommission ohne die Unterstützung der Wahlbehörde (CNE) durchgeführt.

"Alle Ergebnisse der verschiedenen Phasen des von der Nationalen Vorwahlkommission durchgeführten Wahlprozesses werden suspendiert", heißt es in dem Urteil des Obersten Gerichtshofs.

Den Antrag auf Suspendierung der Vorwahlen hatte José Brito gestellt, ein Parlamentsabgeordneter der Opposition, der sich mit der Führung und den Parteien des Bündnisses "Einheitliche Plattform" überworfen hat. Brito beantragte eine gerichtliche Verfügung über die mutmaßlich "illegalen und verfassungswidrigen Handlungen" des Verfahrens.

Ein Teil seiner Beschwerde bezieht sich auf die Aufnahme von Machado auf den Stimmzettel. Sie ist derzeit von der Ausübung öffentlicher Ämter ausgeschlossen.

"Ich habe darauf hingewiesen, dass in dieser Anhäufung von Unregelmäßigkeiten auch die Eintragung von disqualifizierten Personen zugelassen wurde", sagte Brito gegenüber lokalen Medien. Der Abgeordnete wies zudem darauf hin, dass Súmate, eine der maßgeblich an den Vorwahlen beteiligten Nichtregierungsorganisationen, von Machado gegründet wurde.

"Mir wurde, wie so vielen anderen, die Möglichkeit verweigert, an diesem von der Vorwahlkommission organisierten, aber von Súmate überwachten Prozess, teilzunehmen", erklärte er.

Es war Brito, der Anfang des Jahres vom Rechnungshof eine Aktualisierung von Machados politischem Status verlangte, der ihre Nichtwählbarkeit bestätigte.

Das Gerichtsurteil wies die Vorwahlkommission an, verschiedene Dokumente im Zusammenhang mit der Wahl vorzulegen. Die Kommission hatte die Unterstützung des CNE wegen Unstimmigkeiten über das Datum der Abstimmung abgelehnt und entschied sich stattdessen für eine manuelle Abstimmung. Die Entscheidung, auf die Ausrüstung und logistische Unterstützung der Behörde zu verzichten, führte zu der Kritik, dass eine manuelle Abstimmung anfällig für Manipulationen wäre und die Legitimität des Ergebnisses untergraben würde. 2017 organisierte die Opposition bereits unabhängig eine Konsultation, bei der es zahlreiche Unregelmäßigkeiten gab.

Zu den vom Gericht angeforderten Dokumenten gehören auch die abgegebenen Stimmzettel der Vorwahlen. Die Nationale Vorwahlkommission hatte bekanntgegeben, dass 2,5 Millionen Wähler an der Vorwahl teilgenommen haben. Jedoch wurde diese Zahl sofort in Frage gestellt.

Ein technischer Berater der Vorwahlen, Nélson Rampersad, erklärte, die Wahlbeteiligung habe 520.000 Personen nicht überschritten. Parlamentspräsident Jorge Rodríguez sagte später, dass die Regierung von 600.000 ausgehe.

Obwohl seit der Abstimmung mehr als eine Woche vergangen ist, wurden bisher keine Auszählungen online veröffentlicht. Es ist nicht klar, ob die Kommission die vom Gericht angeforderten Unterlagen noch hat. Rodríguez behauptete zudem, dass sie bereits im Rahmen einer Vertuschungsaktion vernichtet worden seien.

Das Vorwahlverfahren verstoße zudem aufgrund der Unregelmäßigkeiten gegen die am 17. Oktober in Barbados unterzeichneten Vereinbarungen zwischen Regierung und Opposition, so Rodríguez. Darin wurden die Bedingungen für die Präsidentschaftswahlen 2024 festgelegt. Beide Seiten erkennen "das Recht jedes politischen Akteurs an, seinen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen frei und nach seinen internen Mechanismen auszuwählen", wobei ausdrücklich festgehalten wird, dass der Prozess "in Übereinstimmung mit der Verfassung und dem Gesetz" stattfinden wird.

Washington, das bereits mit einer Rücknahme der Sanktionserleichterungen gedroht hatte, behauptet dagegen, dass es die Regierung von Nicolás Maduro sei, die sich nicht an die Vereinbarungen halte.

"Die US-Regierung wird Maßnahmen ergreifen, wenn Maduro und seine Vertreter ihren Verpflichtungen nicht nachkommen", sagte ein Sprecher des Außenministeriums.

Eine Reihe von Oppositionspolitikern protestierte indes gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs und vertrat die Auffassung, die Vorwahlen seien ein "staatsbürgerlicher" Prozess, der nicht "suspendiert" werden könne.

Der Streit um die Wahlbeteiligung steht im Zentrum einer separaten Untersuchung der Generalstaatsanwaltschaft, die ebenfalls von Brito und Rampersad angestoßen wurde. Die Behörde wirft den Organisatoren der Vorwahlen unter anderem vor, sich die Identität von Millionen von Venezolanern "widerrechtlich angeeignet" zu haben.

In einer Pressekonferenz am Mittwoch sagte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab, dass die Ermittlungen neben anderen Straftaten, darunter Geldwäsche und Verschwörung, auch die mutmaßliche "Usurpation von Wahlfunktionen" untersuchen würden. Spitzenvertreter der Nationalen Wahlkommission wurden bereits vorgeladen, um eine Erklärung abzugeben.