Quito et al. Die Bedingungen der Wahl in Ecuador, die nach offiziellen Angaben des Wahlrats (CNE) am vergangenen Sonntag Daniel Noboa im Amt als Präsident bestätigt hat, werden international wie auch innerhalb des Landes kritisiert.
Nach Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen kommt der CNE zu dem Ergebnis, dass Noboa 55,6 Prozent der Stimmen erhalten hat, seine Herausforderin Luisa González 44,4 Prozent.
Die Regierungen einiger Länder wie Peru, Chile, Spanien und Argentinien haben Noboa bereits zum Ausgang der Wahlen beglückwünscht. Auch US-Präsident Donald Trump schrieb auf Truth Social: "Herzlichen Glückwunsch an Daniel Noboa, der ein großartiger Führer für das wunderbare ecuadorianische Volk sein wird. Er wird euch nicht enttäuschen!"
González hingegen bezeichnete die Wahl als "grotesken Betrug" und kündigte an, das Ergebnis anzufechten. Noboa antwortete darauf, dass es "peinlich" sei, bei "einem Vorsprung von elf oder zwölf Prozentpunkten den Willen des Volkes" infrage zu stellen.
Laut Gabriel Mato, Leiter der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union in Ecuador, habe es Elemente bei der Wahl gegeben, die verbessert werden müssten. Dazu zählte er etwa, dass Noboa keine Beurlaubung während des Wahlkampfs von seinem Amt beantragt habe (amerika21 berichtete). In Ecuador ist dies vorgeschrieben, um zu verhindern, dass staatliche Ressourcen für den Wahlkampf verwendet werden. "Es muss vermieden werden, die Rollen von Präsident und Kandidat zu verwechseln", sagte Mato. Dennoch sei dies kein Grund, die offiziellen Ergebnisse anzuzweifeln.
Der Leiter der Wahlbeobachtungsmission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Heraldo Muñoz, kritisierte, dass es Unklarheiten über die Verwendung öffentlicher Mittel und die Durchführung der Wahlen unter einem Ausnahmezustand geben würde. Am Wochenende der Wahl hatte Noboa in sieben Provinzen des Landes den Ausnahmezustand ausgerufen.
Diverse Staatsoberhäupter in Lateinamerika zeigten sich kritisch gegenüber den Bedingungen des Wahlkampfs. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro berief sich auf die Aussagen der OAS-Mission und verkündete, er könne die Wahl nicht anerkennen. "Die Armee hat den Wahltag, die Wahlbüros während der Wahlen und die Auszählung der Stimmen geleitet. Unter dem Belagerungszustand gibt es keine freien Wahlen", erklärte Petro.
Über den Tellerrand schauen?
Mit Ihrer Spende können wir Ihnen täglich das Geschehen in Lateinamerika näher bringen.
Venezuelas Präsident Nicolás Maduro schloss sich González' Betrugsvorwürfen an und machte die USA dafür verantwortlich. "Man versucht, die Hegemonie eines einzigen Imperiums mit Gewalt durchzusetzen: das Imperium der Vereinigten Staaten, schon wieder", sagte Maduro.
Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum verkündete hingegen, zunächst die Bekanntgabe der endgültigen Ergebnisse abzuwarten, bevor sie ihre Position kundtue.
Auch regionale Organisationen äußerten sich besorgt. Vertreter:innen des Parlaments der regionalen Wirtschaftsorganisation Mercosur brachten ähnliche Bedenken wie Petro hinsichtlich des Ausnahmezustandes vor. Dieser habe das demokratische Umfeld negativ beeinflusst. Weiterhin kritisierten sie, dass digitale Desinformationskampagnen in den demokratischen Prozess eingegriffen hätten.
Celac Social, ein Forum innerhalb der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten, zur Vernetzung sozialer Bewegungen und zivilgesellschaftlicher Akteure, kommunizierte, es handele sich um "eine systematische Verschwörung" mit dem Ziel, "ein autoritäres Projekt unter der Führung von Daniel Noboa mit Gewalt durchzusetzen". Die Anzeichen dafür seien die gezielte Verhängung des Ausnahmezustandes, die Verwendung staatliche Ressourcen für Klientelismus sowie kurzfristige Änderungen an den Wahllokalen. Aufgrund der Vorkommnisse rief Celac Social die ecuadorianische Bevölkerung zum aktiven Widerstand auf.
Auch innerhalb Ecuadors gibt es kritische Stimmen vor allem aus dem Spektrum, das González nahesteht. Laut Andrés Arauz, Generalsekretär von González' Partei der Bürgerrevolution, seien Wahlunterlagen ohne Unterschrift des Präsidenten und des Sekretärs der Wahlkommission gezählt worden, was gegen Artikel 127 des Wahlgesetzes verstoße. Alle diese Wahlunterlagen würden Noboa begünstigen.
Mauricio Alarcón Salvador vom ecuadorianischen Ableger der NGO Transparency International bezeichnete die Verhängung des Ausnahmezustandes als "äußerst fragwürdig". Einen Wahlbetrug hielt er jedoch aufgrund von Noboas großem Vorsprung für unwahrscheinlich.
Der indigene Dachverband Conaie, der González im zweiten Wahlgang unterstützte, kritisierte, dass das "Feld völlig zugunsten des amtierenden Präsidenten und Kandidaten ausgerichtet war". Auch die Conaie bezog sich unter anderem darauf, dass sich Noboa nicht habe beurlauben lassen, dass er Klientelismus betrieben sowie außerdem den CNE vereinnahmt habe. Seine Wahl sei daher "unrechtmäßig". Weiterhin zeichne sich eine Verschlechterung der demokratischen Bedingungen in Ecuador ab, weil die "politische und wirtschaftliche Macht in den Händen einer einzigen Familie konzentriert" sei.