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Rousseff will US-Spionage vor UNO anklagen

Präsidentin plant kritische Rede vor Generalversammlung. Details vorab veröffentlicht. Brasilianer wollen Snowden in Russland befragen

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Ein Bild aus besseren Tagen: Dilma Rousseff und Barack Obama
Ein Bild aus besseren Tagen: Dilma Rousseff und Barack Obama

Brasília. Trotz der Absage eines Staatsbesuches bei US-Präsident Barack Obama wird Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff kommende Woche wie geplant in die USA reisen, um die Eröffnungsrede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York zu halten. Rousseff wird die Rede am 24. September nach Angaben brasilianischer Medien nutzen, um sich kritisch zu der US-amerikanischen Bespitzelung zu äußern. Wie die Tageszeitung O Globo berichtete, verriet Rousseff bereits am Dienstag in einem Interview in Porto Alegre Details aus der Rede. Sie werde vor den Vereinten Nationen die Notwendigkeit der Neutralität des weltweiten Computernetzwerkes und das Verbot des Internets für Spionagezwecke betonen. Laut Rousseff wurde auch Obama über den Inhalt der Rede vorab informiert.

Wegen der Spionageaktivitäten des US-Geheimdienstes NSA hatte Rousseff ihren für den 23. Oktober geplanten Staatsbesuch in den USA abgesagt. In einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung der Presseabteilung der brasilianischen Regierung heißt es: "Angesichts der Nähe des geplanten Staatsbesuchs in Washington und dem Ausbleiben einer rechtzeitigen Untersuchung des Vorfalls, mit entsprechenden Erklärungen und der Verpflichtung, Abhöraktivitäten zu beenden, sind die Voraussetzungen für die Realisierung des Besuches am zuvor vereinbarten Termin nicht erfüllt."

Die Verschiebung der Reise sei von den Regierungen Brasiliens und der USA nach einem Telefonat Rousseffs und dem brasilianischen Außenminister Luiz Alberto Figueiredo mit US-Präsident Barack Obama in dieser Woche gemeinsam getroffen worden. Die bilateralen Gespräche sollten nicht von einem einzigen Problem zwischen beiden Staaten überschattet werden, hieß es in der Erklärung weiter. Der Staatsbesuch soll zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.

Nach Medienberichten, die sich auf Dokumente des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden stützten, hatte der NSA Telefonate und E-Mails der brasilianischen Präsidentin sowie den staatlichen Energiekonzern Petrobras ausgespäht. Wie die Zeitung O Globo schon am 6. Juli berichtet hatte, sollen auch brasilianische Bürger und Unternehmen Ziel der amerikanischen Spionage gewesen sein.

Auf dem G-20-Treffen in Russland vor gut zwei Wochen hatte Rousseff bereits gesagt, dass ihr Besuch in den USA von der Reaktion von US-Präsident Obama und der Aufklärung der Vorwürfe anhängig sei. Da eine Erklärung ausblieb und auch keine Zusicherung erfolgte, die Aktivitäten einzustellen, seien die Bedingungen für den Besuch nicht gegeben, hieß es. Es wäre der erste Staatsbesuch eines brasilianischen Präsidenten seit 20 Jahren gewesen.

Präsident Obama bedauerte die Absage, äußerte aber auch Verständnis. Er wolle mit der brasilianischen Regierung zusammen arbeiten, um die Spannungen zu beseitigen, hieß es in einer Stellungnahme des Weißen Hauses. Die Untersuchungen zur Stellung der US-Geheimdienste würden aber noch Monate andauern.

In der vergangenen Woche erst hatte eine brasilianische Regierungskommission beschlossen, eine Delegation nach Moskau zu schicken, um den NSA-Whistleblower Edward Snowden zu befragen. Dieser hat in Russland vorübergehend Asyl erhalten. Die Möglichkeiten der geplanten Befragung sollen mit russischen Stellen erörtert werden.