Kolumbien / Politik

Gefechte zwischen FARC und Militär in Kolumbien

Guerilla spricht von Selbstverteidigung, Regierung von Hinterhalt. Präsident Santos ordnet erneut Bombardierungen von Lagern der Rebellen an

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Soldaten führen "eine beispiellose Offensive" gegen die FARC in der Region Cauca durch, so die Bewegung Marcha Patriótica
Soldaten führen "eine beispiellose Offensive" gegen die FARC in der Region Cauca durch, so die Bewegung Marcha Patriótica

Bogotá. Große Sorge über den Fortgang des Friedensprozesses hat die kolumbianische Basisbewegung Marcha Patriótica nach dem Befehl von Präsident Juan Manuel Santos geäußert, die seit dem 10. März dieses Jahres eingestellten Bombardierungen gegen die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) wieder aufzunehmen.

In der Nacht zum Mittwoch war es in der Gemeinde Buenos Aires in Cauca zu Gefechten zwischen Armee und Guerilla gekommen, bei denen mindestens zehn Soldaten starben und mehrere verletzt wurden. Über die Anzahl der getöteten Rebellen liegen bislang keine Angaben vor. Santos hatte daraufhin die Luftwaffe angewiesen, erneut Lager der FARC zu bombardieren. Er werde sich durch deren "niederträchtige Taten" keinesfalls zu einem bilateralen Waffenstillstand zwingen lassen, so der Präsident.

Über die Ereignisse gibt es unterschiedliche Darstellungen. Nach Regierungsangaben sei die Truppe lediglich auf Patrouille in der Gegend gewesen und "in einer Ruhepause vorsätzlich mit Mörsern" beschossen worden. Dies sei ein klarer Bruch des einseitigen Waffenstillstandes, den die Guerilla im Dezember vergangenen Jahres erklärt hatte. Dagegen sprechen die FARC von "legitimer Reaktion auf die militärische Belagerung der Armee". Ein Bruch der Waffenruhe liege nicht vor, da diese Aktionen zur Selbstverteidigung nicht ausschließe.

In seiner Stellungnahme führt der Marcha Patriotica aus, in Folge einer "nie dagewesenen Offensive der Streitkräfte und verstärkter Militarisierung" sei es in Cauca und anderen Landesteilen allein in den vergangenen fünf Tagen zu zahlreichen toten Soldaten und Guerilleros sowie zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen. Diese Situation hätte vermieden werden können, wenn die Regierung endlich auf den großen Wunsch der Bevölkerung Kolumbiens nach Frieden und einer beiderseitigen Waffenruhe eingegangen wäre.

Unterdessen hat die Breite Front für den Frieden (Frente Amplio por la Paz), ein Zusammenschluss kolumbianischer sozialer und politischer Bewegungen und Einzelpersonen, die Entsendung einer Delegation in die Gemeinde Buenos Aires angekündigt, um die jüngsten Vorfälle zu untersuchen. Sprecher der Front riefen die Regierung Santos auf, die Bombardements nicht fortzusetzen, und richteten einen Appell an die Bevölkerung, die Friedensgespräche in Havanna zu unterstützen.

In einem Kommuniqué der Friedensdelegation der FARC heißt es, die Guerilla "bedaure zutiefst die Konsequenzen der anhaltenden Offensive der Regierungstruppen gegen unsere Einheiten im einseitigen Waffenstillstand". Man habe wiederholt davor gewarnt, dass dieses Vorgehen den Prozess der Deeskalation des Krieges und die Waffenruhe gefährde. Präsident Santos solle jetzt "einen kühlen Kopf bewahren" und keine Maßnahmen ergreifen, die ein Vorankommen bei den Gesprächen und den einseitigen Waffenstillstand infrage stellten. Pastor Alape, ein Sprecher der Delegation, äußerte sich bei einer Pressekonferenz am Mittwoch besorgt über die Kämpfe in Cauca. Er erinnerte daran, dass bei den Militäroperationen seit Dezember auch zahlreiche Guerilleros ums Leben gekommen sind. "Das Land erwartet eine bilaterale Waffenruhe, Herr Santos", fügte Alape hinzu.

Die Regierung Kolumbiens und die FARC führen seit November 2012 in der kubanischen Hauptstadt Havanna Gespräche über die Beendigung des seit mehr als 50 Jahren andauernden bewaffneten sozialen Konflikts, der zu über 220.000 Toten und Millionen von Vertriebenen geführt hat. Aktuell steht das Thema der Wiedergutmachung für die Opfer des Konflikts auf der Tagesordnung.

Seit Anfang März hält sich außerdem eine Gruppe hochrangiger Militärs in Havanna auf, um mit den FARC-Delegierten über Schritte zur Deeskalation des Krieges und einen bilateralen Waffenstillstand zu verhandeln. Beide Seiten einigten sich bereits auf die Räumung von Minen, nicht explodierten Sprengkörpern und Munition in den ländlichen Gebieten. Dabei sollen Teams bestehend aus je zwei Vertretern des Staates, der Guerilla und der betroffenen Gemeinden zusammenarbeiten. Nach der Räumung und Säuberung sollen die Ländereien an die Gemeinden übergeben werden. Die FARC hatten allerdings klargestellt, dass es sich um eine "humanitäre Räumung" handle. Diese betreffe nicht die Minen, mit denen die Guerilla ihre Lager schütze.