Alle Farc-Kämpfer in Kolumbien in Übergangszonen

Guerilleros sammeln sich in Lagern. Mangelhafte Vorbereitung seitens der Regierung. Wasser, Strom, sanitäre Einrichtungen und Unterkünfte fehlen

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Mitglieder einer Farc-Einheit auf dem Weg in Übergangslager in Kolumbien
Mitglieder der Farc-Einheit "Frente 33" auf dem Weg in das Übergangslager von Caño Indio, Tibú, Kolumbien

Bogotá. In Kolumbien haben sich die Mitglieder der Guerillaorganisation Farc fast vollständig in sogenannten Übergangszonen versammelt, wo sie nach Inkrafttreten des Friedensvertrags die Waffen abgeben und den ersten Schritt in ein ziviles Leben machen sollen. Insgesamt 26 solcher "Zonas veredales transitorias de normalización" wurden im ganzen Land geschaffen, um die Demobilisierung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens, der bis dato größten und ältesten Guerillaorganisation Lateinamerikas, zu ermöglichen. Dennoch gibt es bei dem Prozess erhebliche Probleme.

Dem Friedensvertrag zufolge sollen in den 26 Sammelpunkten die Niederlegung der Waffen und die ersten Schritte zur Wiedereingliederung der Farc-Mitglieder in das zivile Leben erfolgen. Der Zeitrahmen dafür beträgt sechs Monate. Wie der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur berichtet, werden am heutigen Dienstag alle rund 6.200 zuletzt noch aktiven Farc-Angehörigen in den vorgesehenen Gebieten eingetroffen sein. Bereits am 6. Dezember 2016 hatten sich die ersten Einheiten der Guerilla, wie im Friedensvertrag festgelegt, auf den Weg dorthin gemacht.

Von Seiten der Farc gibt es allerdings weiterhin massive Beschwerden über die Zustände in den meisten Lagern. Ihr Oberkommandierender, Rodrigo Londoño alias Timoschenko, spricht von einem "humanitären Notstand" und kritisiert, die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos halte die im Friedensvertrag getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Einrichtung der Übergangszonen nicht ein. Vor allem die sanitären Bedingungen entsprächen in vielen Fällen nicht den Anforderungen für die Anwesenheit von mehreren hundert Personen. Auch die Trinkwasserversorgung sei mangelhaft. Dies fördere das Risiko des Ausbruchs von Krankheiten. Zudem sei die Gesundheitsversorgung nicht gesichert. Auch die notwendigen Zelte für die Beherbergung der Rebellen seien oftmals nicht bereitgestellt und aufgebaut worden.

Eine der Zonen liegt in der Provinz La Guajira im Nordosten des Landes, nahe der Grenze zu Venezuela. Im Lager in Pondores im Bezirk Conejo sind in den vergangenen Tagen die ersten Farc-Kämpfer eingetroffen. Bei ihrer Ankunft wurden sie von der örtlichen Bevölkerung mit Luftballons und Fahnen als Symbole für den Frieden empfangen. Das dortige Lager war kurz zuvor mit der notwendigen Infrastruktur wie Trinkwasseranschlüsse und Elektrizität ausgestattet worden, um den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden, die dort für einige Zeit leben werden.

Sergio Jaramillo, der Hohe Kommissar der kolumbianischen Regierung für den Frieden, äußerte sich positiv über den bisherigen Verlauf des Prozesses. Ihm sei bewusst, dass der Schritt, sich in einem Lager zu sammeln, dort die Waffen niederzulegen und "auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu warten", schwierig sei. Jaramillo empfing die Kämpfer in dem Lager in Conejo persönlich und erinnerte daran, dass man den "Konflikt aus den Köpfen und aus den Herzen beseitigen" müsse. Auch wenn es in Kolumbien noch einige Menschen gebe, die in der Vergangenheit lebten, "denken wir an die Zukunft", so Jaramillo.

Dem pflichtete auch der Farc-Verhandlungsführer bei den Friedensgesprächen, Luciano Marín Arango alias Iván Márquez, bei. Die Ankunft der Kämpfer sei nicht der letzte Marsch für den Frieden gewesen, sondern erst der Anfang eines großen Marsches der Hoffnung, Versöhnung und der sozialen Gerechtigkeit des kolumbianischen Volkes. Arango war die letzten fünf Kilometer zum Lager in Conejo gemeinsam mit den Farc-Kämpfern gegangen. Auch Präsident Santos zeigte sich erfreut, dass die Zahl der sich sammelnden Guerilleros in den verschiedenen Lagern nun stetig ansteige. Davon habe man lange geträumt, nun werde es endlich Wirklichkeit, so der Präsident.

Vom Innenministerium wurde mittlerweile ein weiterer wesentlicher Punkt des Friedensprozesses auf den Weg gebracht. Um die politische Integration zu ermöglichen, sollen die Farc, nachdem sie sich in den Übergangszonen gesammelt und ihre Waffen niedergelegt haben, eine politische Partei gründen und Kandidaten für die Präsidentschafts- und die Kongresswahl im kommenden Jahr aufstellen können. Dazu wurde ein Gesetzesprojekt angekündigt. So kann die neue politische Bewegung, wie die anderen politischen Parteien auch, mit finanzieller Zuwendung durch den Staat rechnen.

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