Kolumbien: Kontroversen um Nationalen Entwicklungsplan

Staatlicher Investitionsplan könnte Friedensprozess gefährden. Verschlechterung von Arbeitsbedingungen befürchtet

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Kritisiert den Nationalen Entwicklungsplan scharf: Der Senator und frühere Kleinbauer Alberto Castilla
Kritisiert den Nationalen Entwicklungsplan scharf: Der Senator und frühere Kleinbauer Alberto Castilla

Bogotá. Der von Kolumbiens Präsident Iván Duque Anfang Februar dem Kongress vorgestellte "Nationale Entwicklungsplan (PND) 2018-2022" führt seit Wochen  zu Kontroversen zwischen den verschiedenen politischen Lagern. Das Papier vereint unter dem Titel "Pakt für Kolumbien, Pakt für die Gerechtigkeit" die politischen Leitlinien der vierjährigen Amtszeit der aktuellen Regierung, wobei die staatlichen Investitionen in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Soziales und Sicherheit festgelegt werden. Während Duque von der "größten Investition in soziale Gerechtigkeit seit es die Entwicklungspläne gibt" spricht, sehen Kritiker in dem Plan einen Angriff auf Arbeiter- und Bürgerrechte.

Die Nationalen Entwicklungspläne stellen das Kernstück der kolumbianischen Regierungspolitiken dar und legen die Grundsätze ihrer öffentlichen Ausgaben fest. Dabei umfasst der aktuelle Plan ungefähr 354.181 Millionen US-Dollar, die laut Duque vornehmlich in Bildung, Arbeitsmarkt, Umweltschutz, Sicherheit, Gleichheit sowie die Unternehmensgründung fließen sollen. Ziel sei eine Verringerung der Kluft zwischen Arm und Reich, so der Präsident bei der Vorstellung des Plans. So sollen in den nächsten vier Jahren insgesamt 1,5 Millionen Personen den Sprung aus der extremen Armut sowie 3,4 Millionen Menschen aus der Armut schaffen.

Kritiker hingegen sprechen davon, dass der Plan eine deutliche Verschlechterung der Situation großer Teile der Bevölkerung mit sich bringen werde. Vor allem die Interessen der Unternehmen, des Kapitals sowie der wirtschaftlichen und politischen Eliten würden vertreten sein.

Angesichts der bereits mehrfach bekundeten Haltung der Regierung Duques ist die Ablehnung des Friedensprozesses wenig verwunderlich. Die Umsetzung des Friedensvertrags mit der demobilisierten Guerillaorganisation Farc-EP findet wenig Raum im neuen Entwicklungsplan. Dementsprechend kritisiert die Opposition eine "Unterfinanzierung des Friedens", da für die festgelegten Maßnahmen nicht genug Geld zur Verfügung gestellt werde. Zudem fordern mehrere Abgeordnete der Opposition ein eigenes dem Frieden sowie seiner Umsetzung gewidmetes Kapitel. Das sieht der Transitionsartikel der Verfassung vor, durch den der Friedensvertrag legalisiert wurde. Die Abgeordnete Juanita Goebertus zweifelt daher sogar die Verfassungsmäßigkeit des Entwicklungsplans 2018-2022 an.

Als wirtschaftspolitisches Ziel gibt der Plan eine Steigerung des Wirtschaftswachstums auf zunächst 4,1 und im Jahr 2022 auf 4,5 Prozent an. Dies solle vor allem über die Sektoren Landwirtschaft, Bergbau und Industrie erreicht werden, so Duque. Vorgesehen sei eine weitere Zementierung des extraktivistischen und agroindustriellen Wirtschaftsmodells, kritisiert der "Senator der Bauern" Alberto Castilla in einer Pressemitteilung. Diese Politik der Bevorzugung von privatwirtschaftlichen Modellen gehe schlussendlich zum Nachteil der Bauern, der Umwelt sowie der Ernährungssicherheit ganz Kolumbiens aus, so der Senator weiter.

Zudem sieht der Nationale Entwicklungsplan eine Reihe an Reformen vor. Unter anderem soll der Arbeitsmarkt flexibilisiert werden, was laut sozialen Organisationen zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen der Arbeitnehmer sowie der armen Schichten führen werde. Pläne wie die verstärkte Einführung von Zeitarbeitsverträgen, die Beitragsberechnung für Sozialleistungen nach geleisteten Arbeitsstunden und eine Erhöhung der Beiträge zur Sozialversicherung führten zu einem enormen Anstieg der Vulnerabilität der unteren Schichten und schließlich zum kompletten Gegenteil des erklärten Ziels der Armutsbekämpfung, so die Kritik.