Celac-Gipfel macht sich stark für Einheit und Multilateralismus

Regionaler Zusammenschluss sucht Orientierung, um nicht "Objekt einer Neuaufteilung von Einflusszonen von Weltmächten" zu werden. Ambitionierte Vorhaben von Hochtechnologie bis menschliche Mobilität

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Lula bei seiner Rede am 9. April in Tegucigalpa
Lula bei seiner Rede am 9. April in Tegucigalpa

Tegucigalpa. Brasiliens Präsident Lula da Silva hat auf dem neunten Gipfel der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) erklärt, dass dieser regionale Zusammenschluss "das Wichtigste" sei, was in der 500-jährigen Geschichte Lateinamerikas geschaffen wurde. Er verwies auf die aktuelle Politik Washingtons, die darauf abziele, "dem Multilateralismus ein Ende zu setzen" und bilaterale Verhandlungen zu führen, die den schwächeren Nationen schadeten.

Celac gehören alle souveränen Staaten des amerikanischen Kontinents außer den USA und Kanada an. Das Bündnis wurde im Dezember 2011 in Caracas gegründet.

"Kein Land hat die Voraussetzungen, um mit den USA zu verhandeln. Es wird ein einseitiges Abkommen sein, eines Riesen gegen einen Kleinen. Daher muss der Multilateralismus die Grundlage unseres Handelns sein. Was wir brauchen, ist eine Verbesserung unserer Beziehungen, mehr Gespräche und die Suche nach weiteren Abkommen", betonte Lula.

Er prangerte die "willkürlichen Zölle" der US-Regierung als Bedrohung für die Stabilität der Weltwirtschaft an. Angesichts der Streitigkeiten um alte Hegemonien forderte er mehr Einheit der Nationen in der Region. "In Handelskriegen gibt es keine Sieger".

Die Autonomie Lateinamerikas sei aufgrund der Einmischung alter und neuer Mächte erneut in Gefahr: "Wenn wir weiter untätig bleiben, laufen wir Gefahr, Objekt einer Neuaufteilung von Einflusszonen von Weltmächten zu werden", erklärte er.

Dieser Ansatz wurde von den Staats- und Regierungschefs der anwesenden Länder geteilt und motivierte sie offensichtlich am meisten. Mit der Präsidentin des gastgebenden Landes, Xiomara Castro, waren dies Claudia Sheinbaum (Mexiko), Miguel Díaz-Canel (Kuba), Gustavo Petro (Kolumbien),Yamandú Orsi (Uruguay), Luis Arce (Bolivien), Bernardo Arévalo (Guatemala), die Premierminister von Guyana, Mark Anthony Phillips, und von St. Vincent und den Grenadinen, Ralph Gonsalves. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro nahm virtuell teil.

In den vorangegangenen zwei Tagen hatten die Außenminister aller 33 Celac-Mitgliedsländer das Treffen vorbereitet.

Neben seine Vision der regionalen Integration stellte Lula eine wirtschaftliche Kennziffer, die darauf verweist, wie weit der Weg noch ist: Im Jahr 2023 lag der interregionale Handel bei nur 14 Prozent der Exporte. Allerdings betrage der Handel zwischen Brasilien und den Celac-Ländern bereits mehr als 86 Milliarden Dollar pro Jahr, was mehr sei als der mit den USA.

Der turnusmäßige Celac-Vorsitz wurde bei dem Gipfel an Kolumbien übergeben. Präsident Petro stellt ihn unter das Motto: "Erstens: geschlossen handeln; zweitens: uns der Welt öffnen". Er betonte, dass die Allianz unerlässlich sei, um den Auswirkungen des Handelskrieges entgegenzuwirken und die Position Lateinamerikas auf der Weltbühne zu stärken.

Entsprechend kündigte er "strategische Treffen" zwischen der Celac und anderen internationalen Blöcken an, darunter im Mai mit China, im November mit der Europäischen Union und in naher Zukunft mit Afrika und den Ländern des Persischen Golfs.

Während des Gipfels traf eine Delegation der Volksrepublik China mit Vertretern von Celac-Ländern zu bilateralen Gesprächen zusammen. Chinas Staatspräsident Xi Jinping äußerte in einer Grußadresse, dass die Welt vor "einer Jahrhundert-Transformation steht, die sich beschleunigt", während der Globale Süden "stark wächst".

Er betonte, die Beziehungen zwischen der VR China und Lateinamerika hätten sich "zu einer neuen Etappe entwickelt, die von Gleichheit, gegenseitigem Nutzen, Innovation und Offenheit geprägt" sei. "Alle Mitgliedstaaten der Celac sind eingeladen, sich China in den gemeinsamen Bemühungen um Entwicklung und Zusammenarbeit anzuschließen und mit Weisheit und Kraft zur Bewältigung globaler Herausforderungen, zur Förderung der Reform der globalen Governance und zur Wahrung des Weltfriedens und der Stabilität beizutragen", so Xi in seiner Botschaft.

Petro sagte in seiner Rede weiter, seine Regierung werde verschiedene Initiativen anstoßen, darunter die Schaffung eines amerikanischen Energienetzes, einer regionalen Agentur für die Herstellung essenzieller Medikamente und die Koordinierung in mehreren technologischen Bereichen.

Die Zusammenarbeit der Celac-Länder solle sich nicht nur auf die Verteidigung ihrer Souveränität ausrichten, sondern auch auf die Lösung globaler Probleme, erklärte er. "Wir müssen das amerikanische Stromnetz so aufbauen, dass die sauberen Energien des Südens zur Dekarbonisierung der US-Wirtschaft beitragen. Wir müssen unser Netzwerk der Ernährungssouveränität aufbauen, um eine Welt zu ernähren, der das Wasser und das fruchtbare Land ausgehen", nannte Petro beispielhaft.

Darüber hinaus schlug er die Schaffung einer Arzneimittelagentur vor, um Gesundheitskrisen zu bewältigen und zu verhindern, dass "Gesundheitsvampire" den Zugang zu Impfstoffen und lebenswichtigen medizinischen Behandlungen kontrollieren. Die Fähigkeit der Region zur Herstellung und Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen müsse gestärkt und die Abhängigkeit von externen Akteuren verringert werden.

Kolumbiens Präsident betonte immer wieder die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit und die Hilfe zwischen den Ländern der Gemeinschaft zu vertiefen: "Wir sind keine einsamen Völker, wir sind Völker, die einander helfen." Er rief dazu auf, Haiti, Kuba, Venezuela und Panama besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da diesen Ländern Gewalt, Armut oder die Einmischung der USA massiv zusetzten.

Insbesondere kritisierte Petro die "Stigmatisierung" vom Migranten, die die USA in jüngster Zeit zur Rechtfertigung von massenhaften Abschiebungen betrieben (amerika21 berichtete)."Die venezolanische Jugend ist nicht der Tren de Aragua", erklärte er mit Blick auf die Deportation mehrerer hundert Venezolaner aus den USA in ein Gefängnis in El Salvador. Hier würden Jugendliche zu Sündenböcken gemacht.

Die acht Punkte umfassende Abschlusserklärung unterstreicht, dass die Proklamation Lateinamerikas und der Karibik als Zone des Friedens "uneingeschränkt in Kraft ist" und lehnt einseitige Zwangsmaßnahmen, "die gegen das Völkerrecht verstoßen, einschließlich derjenigen, die den internationalen Handel einschränken" ab.

Die Staats-und Regierungschefs bekräftigen zudem ihre gemeinsame Überzeugung, es sei "angemessen und richtig", dass eine Bürgerin oder ein Bürger eines lateinamerikanischen oder karibischen Staates das Amt des Generalsekretärs der Vereinten Nationen innehat.