Venezuela / Politik

Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Bürgermeister in Caracas

Festnahme von Antonio Ledezma ruft heftige Reaktionen hervor. Präsident schaltet sich ein. Opposition mobilisiert Anhänger

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Fahrzeuge des Inlandsgeheimdienstes Sebin vor dem Bürogebäude Antonio Ledezmas
Fahrzeuge des Inlandsgeheimdienstes Sebin vor dem Bürogebäude Antonio Ledezmas

Caracas. Die venezolanische Staatsanwaltschaft hat bekannt gegeben, dass sie dem Bürgermeister des Großraums Caracas, Antonio Ledezma, zur Last legt, "in konspirative Ereignisse zur Organisierung und Durchführung von Gewaltakten gegen die demokratisch verfasste Regierung" verwickelt zu sein. Ledezma war am Donnerstag von Beamten des Inlandgeheimdienstes Sebin festgenommen worden und ist seitdem im Sitz der Behörde inhaftiert.

Der Anwalt von Ledezma, Omar Estacio, hat kritisiert, dass er über die Gründe der Verhaftung  nicht umgehend informiert wurde. Gleichzeitig versicherte er, dass Ledezma, anders als dessen Ehefrau und Oppositionskreise zunächst erklärt hatten, bei seiner Festnahme nicht geschlagen wurde. Sie beide hätten seinen Mandanten bereits besucht, er sei in guter Verfassung und zuversichtlich, dass ihm keinerlei Delikte vorzuwerfen seien.

Präsident Nicolás Maduro hat sich unmittelbar nach der Festnahme von Ledezma geäußert und den Bürgermeister Aktivitäten gegen den Frieden und die Verfassung beschuldigt. Maduro erinnerte daran, dass "Generationen von Venezolanern" Ledezma den Beinamen "der Vampir" gegeben hätten, nachdem er Anfang der 90er Jahre die städtische Polizei von Caracas und deren Einsätze in den Armenvierteln und gegen Proteste befehligte. Nach Angaben venezolanischer Medien stieg damals die Repression gegen Studierende, Demonstranten, Straßenhändler und Obdachlose.

Ledezma ist seit November 2008 Bürgermeister von Groß-Caracas, einer übergeordneten Verwaltungseinheit mit geringen Kompetenzen. Er zählt neben Leopoldo López und María Corina Machado zu den Führungsfiguren der äußersten Rechten des südamerikanischen Landes. Ledezma war Mitinitiator der Kampagne "La Salida", die im vergangenen Jahr in Unruhen mündete, die mehr als 40 Todesopfer kostete. Ferner sind Verbindungen zu Lorent Gómez Saleh dokumentiert, der im Mittelpunkt von Ermittlungen über Gewaltaktionen und Anschlagspläne steht und Verbindungen zum kolumbianischen Paramilitarismus pflegte.

Von besonderer aktueller Brisanz dürfte sein, dass Ledezma einen "Aufruf an die Venezolaner für eine nationale Übereinkunft für den Übergang" mitunterzeichnet hat, der am 11. Febuar in Medien der Rechten erschien. Darin ist die Rede von "Neuwahlen des Präsidenten", ohne dass das verfassungsmäßig mögliche Prozedere beantragt worden ist. Auch werden Maßnahmen zur Umorganisierung staatlicher Behörden, zur Privatisierung von Staatsunternehmen und zur Neubesetzung der Führung des staatlichen Ölkonzerns PDVSA anvisiert. Vertreter der Regierungspartei hatten in den vergangenen Tagen diesen Aufruf in Zusammenhang mit einem Putschplan gestellt, den die Regierung unlängst nach eigenen Angaben aufgedeckt hatte.

Der Generalsekretär des Oppositionsbündnisses "Tisch der demokratischen Einheit" (MUD), Jesús Torrealba, sprach von einem "Angriff nicht nur gegen Antonio (Ledezma), es handelt sich um einen Angriff auf das Recht der Venezolaner, in Frieden zu leben". Aus Kreisen der Opposition wird zu Protesten aufgerufen, um die "Missachtung des Volkswillens und die Verletzung der Verfassung" anzuprangern. Die Ehefrau des festgenommenen Bürgermeisters twitterte in dessen Namen: "Nur auf der Strasse kann man die Demokratie wiedergewinnen".

Auch die führende Diplomatin im US-Außenministerium für Lateinamerika, Roberta Jacobson, hat auf die aktuellen Ereignisse in Venezuela reagiert. Via Twitter forderte sie "die Region" auf, "sicherzustellen, dass die Regierung Venezuelas ihre demokratischen Verpflichtungen einhalte". Sie sei "tief besorgt über die Eskalation der Einschüchterung von Gegnern der venezolanischen Regierung."

Neben der US-Regierung wiesen auch Vertreter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die Vorwürfe der venezolanischen Regierung gegen Teile der Opposition umgehend zurück und forderten die Freilassung des Bürgermeisters. Venezuelas Präsident Maduro bezeichnete diese umgehende Parteinahme aus Washington als Beleg für die Beteiligung der USA an Umsturzplänen. Man werde weiterhin den Weg der Justiz beschreiten, um den Frieden im Land zu bewahren, so der Präsident.

Der nun inhaftierte Ledezma ist einer der bekanntesten Politiker Venezuelas. Der Jurist trat 1973 in die sozialdemokratische Partei "Demokratische Aktion" (AD) ein, die inzwischen kaum mehr eine Rolle spielt. Ledezma zählte zu den engsten Vertrauten von Ex-Präsident Carlos Andrés Pérez (AD). Unter Andrés Perez wurde er im Januar 1992 zum Gouverneur des damaligen Föderaldistriktes von Caracas ernannt. Heute steht Ledezma der Partei "Allianz Tapferes Volk" vor, einer Neugründung rechts der alten, sozialdemokratischen AD.