Deutsche Abgeordnete besuchen Julian Assange und kritisieren Ecuador

ecuador_assange_linke_wikileaks_.png

Besuch deutscher Abgeordneter bei Wikileaks-Gründer Julian Assange
Abgeordnete Dagdelen (li.), Hänsel (re.) am Donnerstag mit dem Vater (mi.) von Julian Assange vor der Botschaft von Ecuador in London

London/Berlin/Quito. Zum ersten Mal seit einer acht Monate währenden Isolation in der Botschaft von Ecuador in London hat der Publizist und Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, am Donnerstag Besuch von zwei Parlamentarierinnen bekommen. Heike Hänsel und Sevim Dagdelen, Vizevorsitzende der Linksfraktion im Bundestag und Mitglieder im Auswärtigen Ausschuss, sprachen gut eine Stunde lang mit Assange, der sich seit mehr als sechs Jahren in der Botschaft des südamerikanischen Landes befindet.

Nach einem Regierungswechsel in Ecuador im vergangenen Jahr wendet sich der neue Präsident Lenín Moreno offen gegen die Beherbergung des Aktivisten und will ihn so schnell wie möglich loswerden. Nachdem Assange vor wenigen Tagen die Heizung abgedreht bekommen hat und seine Katze aus den Botschaftsräumen entfernt wurde, befürchteten Unterstützer den Rauswurf des Mittvierzigers. Auch der Austausch des Botschaftspersonals und die Ablösung des bisherigen Botschafters schürten diese Bedenken. Zwischen März und November war ihm das Internet abgedreht und eine Besuchssperre verhängt worden.

"Die Isolation ist nur unzureichend gelockert worden", sagte Hänsel nach dem Besuch vor der Botschaft von Ecuador. Assanges Grundrecht auf Meinungsfreiheit werde massiv eingeschränkt, da jede öffentliche Äußerung zu einem Ende des politischen Asyls in der Botschaft führen könne. "Wir fordern von der Bundesregierung und der EU, dass sie alle Versuche der US-Regierung, extraterritoriale Verfolgung in Europa durchzusetzen, zurückweisen und die politische Verfolgung von Julian Assange durch die US-Behörden verhindern", so Hänsel weiter. Die Bundesregierung stehe nun in der Pflicht, sich für eine internationale Lösung einzusetzen, die Julian Assange ermöglicht, in einem für ihn sicheren Land Zuflucht zu finden.

Hänsel und Dagdelen kritisierten erneut die "willkürlichen Internierung" des Publizisten, die auch von den Vereinten Nationen kritisiert worden sei.

Laut Dagdelen hat Assange dazu beigetragen, die Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan und illegale Machenschaften der Geheimdienste ans Licht zu bringen, vor allem der CIA. "Er hat uns die Augen dafür geöffnet, wie schmutzig und blutig diese Kriege waren und sind, und wie sehr wir von unseren Regierungen getäuscht wurden. Er verdient unsere Solidarität", sagte die deutsche Abgeordnete.

Im Fall einer Beendigung des Botschaftsasyls durch die Behörden Ecuadors droht Julian Assange eine Verhaftung in Großbritannien und eine Auslieferung an die USA.

Es gehe, so Dagdelen, nicht nur um die Person Assange. "Hier geht es um das Recht auf Veröffentlichung von Informationen im Interesse der Öffentlichkeit." Deswegen hätten 36 Parlamentarier aus fast einem Dutzend EU-Staaten einen Brief an UN-Generalsekretär António Guterres, die britische Premierministerin Theresa May und Ecuadors Präsident Lenín Moreno gesendet, um eine Lösung zu fordern.