Kleinbauern in Venezuela mobilisieren zur Verteidigung des Landgesetzes

Viehzüchterverband drängt auf Reform des Gesetzes von 2001. Bauernbewegungen fürchten Nachgeben der Regierung, fordern Unterstützung für Kleinbauern

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Kleinbauernorganisationen verteidigen das "Ley de Tierras" von 2001
Kleinbauernorganisationen verteidigen das "Ley de Tierras" von 2001

Caracas. Kleinbauern haben in der venezolanischen Hauptstadt gegen die Aushöhlung des Landgesetzes (Ley de Tierras) und für Gerechtigkeit in den ländlichen Gebieten demonstriert.

Am Mittwoch versammelten sich Delegierte von 21 Bauernorganisationen, unterstützt von sozialen Bewegungen der Hauptstadt, vor dem Parlamentsgebäude und protestierten gegen die jüngste Annäherung der Regierung von Präsident Nicolás Maduro an den Viehzüchterverband (Fedenaga), eine mächtige Gilde von Landbesitzern, die auf eine Reform des Gesetzes von 2001 drängt.

Zugleich prangerten sie die mangelnde Unterstützung für kleine und mittlere Erzeuger an, die weitgehend von staatlich gelenkten Saatgut- und Düngemittel-Lieferketten abhängen. Die Kleinbauern decken schätzungsweise 70 Prozent des Nahrungsmittelbedarfs des Landes.

Die Landarbeiterbewegungen wiesen auf die anhaltenden Probleme hin, mit denen sie konfrontiert sind, darunter ungerechtfertigte Zwangsräumungen, Schikanen und strafrechtliche Verfolgung durch die Polizei und andere Sicherheitsorgane, die im Dienste der lokalen Grundbesitzer stünden. Und sie fordern Gerechtigkeit für über 350 gezielte Morde an Bauernaktivisten seit der Verabschiedung des Landgesetzes.

Der Demonstration folgte ein Twitter-Sturm (Tuitazo) mit den Hashtags #LaMarchaSigue ("Der Marsch geht weiter", bezugnehmend auf den "Bewundernswerten Bauernmarsch" von 2018, amerika21 berichtete) und #LaLeyDeTierrasEsDelPueblo ("Das Landgesetz gehört dem Volk").

Das "Ley de Tierras" gilt als eines der wichtigsten gesetzlichen Instrumente der Bolivarischen Revolution. Das unter Präsident Hugo Chávez im Jahr 2001 geschaffene Gesetz richtet sich gegen die Ungleichheit von Landbesitz und legt Bedingungen für unproduktive Grundstücke fest, die an Kleinbauern zur Produktion übertragen werden können. Dies führte dazu, dass über 60 Prozent der großen brachliegenden Ländereien produktiv genutzt werden. Besitztitel wurden an kleine und mittlere Produzenten vergeben, die das Land bearbeiten, allerdings in den letzten Jahren weniger häufig.

Das Landgesetz und das Erdölgesetz waren die Hauptkatalysatoren für den Putschversuch 2002 und die Blockade der Eröldindustrie 2002–2003. Da sie ihre Interessen bedroht sahen, gehörten der Viehzüchterverband Fedenaga und der Unternehmerverband Fedecamaras zu den Hauptakteuren hinter den Destabilisierungsaktionen, die dann auf dem Lande weitergingen.

Die Bauernbewegung werde weiterhin wachsam sein und das Landgesetz verteidigen, um die Nahrungsmittelproduktion für die Bevölkerung zu sichern, sagte Andrés Alayo, ein Sprecher der "Kampfplattform der Bauern", zu venezuelanalysis. Das Landgesetz ermögliche die Demokratisierung des Zugangs zu Land und stärke vor allem die nationale Souveränität.

Die "gesellschaftliche Funktion von Land ist im Gesetz und in der Verfassung garantiert" und der Staat müsse Ländereien für die Produktion und nicht als Waren zuweisen. "Die Oligarchie will das Privateigentum wieder durchsetzen, damit es erneut Landspekulation und Eigentumsakkumulation gibt", führte Alayo aus.

Die popularen Sektoren des Landes haben mehrfach ihre Besorgnis über die zunehmende Annäherung der Regierung Maduro an die Privatunternehmer inmitten der Wirtschaftskrise und der von den USA verhängten Sanktionen zum Ausdruck gebracht. Die Bauernbewegungen weisen auf eine "Offensive der Grundbesitzer" auf dem Land hin.

Die Vizepräsidentin des Parlaments, Iris Varela, und Venezuelas Vizepräsidentin Delcy Rodríguez haben sich laut Alayo nach Treffen mit Delegierten der Kleinbauern positiv zu den Protesten vom Mittwoch geäußert. "Uns wurde versichert, dass das Landgesetz unantastbar ist. Für uns ist das ein Sieg des Volkes."

Die Behörden hätten sich zudem verpflichtet, Hunderte Fälle zur Frage der Legalität von Landübernahmen voranzutreiben und die gezielten Tötungen im Zeitraum 2018–2021 aufzuklären.

Die 21 Organisationen fordern indes weiterhin die Einrichtung einer hochrangigen Kommission, um die Untersuchungen aller Bauernmorde seit 2001 zu beschleunigen, von denen die meisten ungesühnt geblieben sind.

Regierungsvertreter hätten auch zugesagt, den Forderungen der Landgemeinden mit dem Sozialprogramm "Misión Agrovenezuela" nachzukommen, die Lebensbedingungen auf dem Land zu verbessern und einen nationalen Plan aufzulegen, um die Produkte der kleinen und mittleren Produzenten zu kaufen.

"Die gemeinsame Front der Bauernbewegung hat bedeutende Fortschritte erzielt, aber der Kampf geht weiter, um die Lebensbedingungen auf dem Land zu verbessern und bis die Straflosigkeit aufhört, die Regel zu sein", erklärte Alayo.