Der Sekretär für Internationale Beziehungen der Sandinistischen Front für die Nationale Befreiung, Carlos Fonseca Terán, ist der Sohn eines der Gründer der FSLN, (Frente Sandinista de Liberación Nacional, Sandinistische Nationale Befreiungsfront). Er ist auch ein aktiver Verteidiger der nicaraguanischen Sache in einer Zeit, in der sich das mittelamerikanische Land im Auge des Hurrikans befindet. Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten wollte Nicaragua gerade wegen der Inhaftierung von Oppositionsanführern, die gegen die Regierung von Daniel Ortega aktiv sind, vorübergehend [aus der OAS] ausschließen, aber sein Antrag wurde auf eine Verurteilung reduziert. Argentinien und Mexiko enthielten sich der Stimme.
"Alle wurden wegen Delikten festgenommen, die nach nicaraguanischen Gesetzen strafbar sind", sagte Fonseca Terán gegenüber Tiempo. "Einige, weil sie gegen das im Dezember verabschiedete Gesetz verstoßen haben, das die Aufforderung an ausländische Regierungen zu Handlungen gegen nicaraguanische Institutionen und Bürger als Hochverrat einstuft, wie in diesem Fall die aggressiven Maßnahmen, die die USA gegen unser Land anwenden und die sie als Sanktionen bezeichnen", fügt er hinzu.
Die Sanktionen basieren auf Verordnungen, die die Rechtssprechung der USA erweitern, wie das Nica-Gesetz von 2018 – das nach der Krise vom April verabschiedet wurde, die von der Regierung als Putschversuch der Regierung gewertet wurde – und ein Gesetz, über das am Dienstag abgestimmt wurde, der "Renacer Act", mit dem die Gründe für die Verhängung von Sanktionen gegen Amtsträger ausgedehnt werden, eine Art Erweiterung des Global Magnitski Act.
"Andere wurden wegen Geldwäsche festgenommen, wie ein Banker oder Cristiana Chamorro, die Tochter der ehemaligen Präsidentin Violeta Chamorro, die zugegeben hat, dass sie für ihre Stiftung Geld von US- und europäischen Organisationen erhält, die eine lange Geschichte der Destabilisierung haben, wie USAID, die Soros-Stiftung oder Oxfam", sagt Fonseca Terán.
Sind diese Verhaftungen nicht kontraproduktiv, da sie im Ausland Ablehnung hervorrufen, bis dahin, dass einige die Regierung als Diktatur bezeichnen?
Natürlich ist das politisch kontraproduktiv. Das kann jedoch kein Grund sein, das Gesetz nicht anzuwenden. Wir müssen unsere eigene Rechtsstaatlichkeit respektieren, und daher sind wir bereit, die notwendigen Kosten zu tragen. Wenn wir aus einer politischen Erwägung konjunktureller Art ein Gesetz nicht anwenden, das mit der Stabilität, der Autonomie und der Selbstbestimmung zu tun hat, würden wir für einen kurzfristigen politischen Gewinn langfristig einen strategischen Schaden verursachen. Wir sind uns bewusst, dass es politisch nicht in unserem Interesse liegt, das zu tun, was wir tun, aber wir müssen es tun, gerade weil die Sache nicht politisch motiviert ist. Auf der anderen Seite hat in den Umfragen der Opposition wie auch in denen, die wir in Auftrag gegeben haben, kein einziger der Verhafteten auch nur annähernd den Prozentsatz an Unterstützung, den unser Präsident hat.
Wenn sie nicht so einflussreich waren, geben sie ihnen dann nicht eine Bedeutung, die sie vorher nicht hatten?
Das Gesetz ist da, um zu verhindern, die sie diese Aktivitäten weiterzuführen, auf denen sie so beharrten und es scheint uns, dass sie diese Gesetzesverstöße absichtlich begangen haben, um eine solche Situation zu provozieren. Da sie wissen, dass sie bei den Wahlen keine Chance haben, suchen sie nach jeder Möglichkeit, diese zu delegitimieren.
Es gibt Leute, die sagen, dass Nicaragua wegen des Projekts zum Bau eines interozeanischen Kanals mit chinesischem Kapital ins Visier genommen wird.
Wir haben gesagt, dass wir nicht auf unser Recht verzichten, den Kanal zu bauen, aber durch das, was 2018 passiert ist, ist es für uns viel schwieriger geworden, die nötigen Mittel für die Realisierung zu beschaffen. Wir sind uns bewusst, dass einer der Gründe für die Verschärfung der Aggressivität, die bei den USA schon immer bestand, genau der Bau des Interozeanischen Kanals ist. Unsere gesamte Geschichte ist von unserer geografischen Lage geprägt, die ein Segen sein sollte, aber zu einem Fluch geworden ist.
Wie ist die wirtschaftliche Situation nach eineinhalb Jahren Pandemie?
Seit der Rückkehr der FSLN an die Regierung im Jahr 2007 wuchs das Land mit durchschnittlich 4,5 Prozent. Im Lauf des Jahres 2018 begann die Wirtschaft einzubrechen, aber in diesem Jahr erholte sie sich wieder und stieg um drei Prozent, trotz zwei sehr schwerer Wirbelstürme, die unser Land trafen, und trotz der Pandemie. Bei der Bewältigung der Pandemie ist es uns gelungen, ein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten: Unser Land kann sich den Luxus eines wirtschaftlichen Stillstandes nicht leisten, denn das Charakteristische unseres Modells ist, dass es eine führende Rolle der popularen selbstverwalteten Wirtschaft gibt. Dies ist Teil des Prozesses der Vergesellschaftung des Eigentums und gehört so zur Demokratisierung der Wirtschaft.
Wir haben ein sehr partizipatives Gesundheitsmodell, das uns ermöglicht hat, das Coronavirus sehr erfolgreich zu bekämpfen, trotz der Tatsache, dass die Opposition einen Diskurs geführt hat, der Angst erzeugen soll. Rechtsgerichtete Wortführer aus dem medizinischen Bereich hatten eine apokalyptische Anzahl von Ansteckungen und Todesfällen vorausgesagt. Sie wollten eine strenge Quarantäne verordnen, was wir nicht taten. Die Sterblichkeitsrate ist niedriger als im Durchschnitt der Region und als in den USA (insgesamt 188 Todesfälle und 8.000 Ansteckungen). Unsere Investitionen in die Gesundheit stiegen von 32 Dollar pro Kopf im Jahr 2006 auf 72 Dollar und wir haben seit 2007 18 Krankenhäuser gebaut, mit einem Zugangsrecht für alle zur Gesundheitsversorgung.
Erwarten Sie eine Veränderung unter der Regierung von Präsident Joe Biden?
Wir haben da weder Hoffnungen noch positive Erwartungen. Aus den USA ist noch nie etwas Gutes gekommen. Wir wissen, dass es kaum etwas Schlimmeres als Trump gibt. Das heißt aber nicht, dass hier Erwartungen bestehen, obwohl eine etwas rationalere Politik gegenüber der Welt möglich ist.