Streik für traditionellen Goldabbau in Kolumbien geht in zweiten Monat

Über 20.000 Menschen im Ausstand. Drei Protestierende sterben bei Kämpfen mit Polizei. Bergarbeiter fordern Recht auf traditionellen Goldabbau

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"Wir sind Kinder von Bergarbeitern, nicht von Kriminellen" steht auf diesem Plakat in Segovia, Kolumbien
"Wir sind Kinder von Bergarbeitern, nicht von Kriminellen" steht auf diesem Plakat in Segovia, Kolumbien

Medellín. Im Nordwesten von Kolumbien befinden sich seit über einem Monat rund 20.000 Personen in einem unbefristeten Streik. Die Protestierenden wollen den traditionellen Goldabbau in der Region schützen und dem multinationalen Konzern Gran Colombia Gold die Lizenzen zum Goldabbau entziehen.

Seit Wochen liegt der Verkehr von Segovia und Remedios nach Medellín vollkommen still. In den vergangenen 32 Tagen des Bergarbeiterprotests kamen drei Personen bei Zusammenstößen mit der Polizei ums Leben. 13 Minderjährige und 19 weitere Personen sind wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt festgenommen worden. Sieben Polizisten und viele weitere Personen wurden verletzt.

Am 21. Juli hatten rund 10.000 Arbeiter den Streik ausgerufen. Sie fordern ein Ende der Regierungspläne für die Region in der Nähe der zweitgrößten Stadt des Landes Medellín. Statt der maschinellen massiven Ausbeutung der Goldvorkommen wollen sie das Edelmetall in traditioneller Weise gewinnen. Über 80.000 Personen leben seit über 200 Jahren in der Region um Segovia und Remedios vom manuellen, althergebrachten Goldgewinn. Diese sind in 36 Kooperativen organisiert und schürfen ohne den Einsatz von lebensgefährlichen Chemikalien wie Quecksilber.

Was als friedlicher Protest tausender Menschen begann, ist in den letzten Wochen immer wieder in Ausschreitungen umgeschlagen. Laut Polizei wurden Sprengstoffanschläge seitens der Protestierenden verübt. Der Gouverneur des Departments Antioquia, Luis Pérez, behauptet, die Feuerwehr würde Sprengstoff an die Demonstranten verteilen. Zudem beschuldigte er die Organisatoren des Streiks der Korruption, sie würden Teilnehmern am Protest Geld bezahlen. Laut Regierungssprechern sollen die Proteste von lediglich 200 bewaffneten Personen ausgehen. Alle Vorwürfe werden seitens der Initiatoren des Streiks und Beobachter entschieden zurückgewiesen. Auch Jessica Ortega, Menschenrechtsbeobachterin vor Ort, sagte gegenüber amerika21: "Über 95 Prozent der Bevölkerung unterstützen den Streik, hier demonstrieren Familien mit Kindern und Frauen." Sie fordert die Regierung auf, keine weiteren Fehlinformationen zu verbreiten.

Die Bewohner der Region berichten immer wieder von Schüssen mit scharfer Munition seitens der Polizei. Auch Ortega sagte, dass die Polizei die Ausschreitungen provoziere und die Demonstranten wie "Kriminelle" behandle. Die ortsansässige Sprecherin der Bergbauerinnen, Doris Patricia Restrepo, verteidigt gegenüber amerika21 den Protest: "Es ist legitim, auf unser Recht zu bestehen. In Segovia leben wir alle vom Bergbau. Wir werden uns an kein Unternehmen verkaufen."

Jaime Gallego, der Vizevorsitzende des Runden Tisches zum Bergbau in Antioquia, beschwert sich darüber, dass es keine Verhandlungsbereitschaft seitens der Regierung gebe. Deswegen befinden sich seit dem 22. August Vertreter der traditionellen Bergarbeiter in der Hauptstadt, um vom Repräsentantenhaus Kolumbiens eine Lösung zu fordern und das Gesetz zum Bergbau zu ändern. Das Gesetz definiert den traditionellen Bergbau als illegal.

Drohungen und Gewaltanwendungen seitens staatlicher Kräfte halten derweil an. Zuletzt wurde mit über 3.000 Personen eine Messe in Gedenken an die Toten begangen, die von der Polizei unter Einsatz von Tränengas aufgelöst wurde. Frauen des Departments hielten daraufhin eine Kundgebung ab, in der sie vom Bürgermeister Segovias, Gustavo Tobón, den Schutz der Menschenrechte forderten.

Erst am 28. Juli waren unter bisher ungeklärten Umständen sechs angestellte Bergarbeiter eines multinationalen Unternehmens tödlich verunglückt. Lombardo Paredes Arenas, der Geschäftsführer des Unternehmens GranColombiaGold, droht nun 700 Verträge zu kündigen, denn von den 1.500 Angestellten würden nur noch 570 zur Arbeit erscheinen.