Kolumbien / Politik

Nachverhandlungen über Friedensabkommen für Kolumbien

Farc und Regierung prüfen Vorschläge von Gegnern des Abkommens. Guerilla bereit zu "Präzisierungen". Santos weist Forderungen von Ultrarechten zurück

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Delegierte der Regierung Santos und der Farc treffen sich seit Samstag wieder in Kubas Hauptstadt
Delegierte der Regierung Santos und der Farc treffen sich seit Samstag wieder in Kubas Hauptstadt

Havanna/Bogotá. Die Verhandlungsdelegationen der Regierung von Kolumbien und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (Farc) diskutieren seit Samstag in der kubanischen Hauptstadt Havanna die Vorschläge, die von Gegnern des Friedensabkommens eingebracht worden sind. Beide Seiten wollen prüfen, ob und inwieweit einzelne Aspekte der Vereinbarungen geändert werden könnten.

Präsident Juan Manuel Santos hatte seine Abgesandten zuvor angewiesen, die Gespräche so rasch wie möglich zum Erfolg zu führen. Zu den Forderungen von Ex-Präsident Álvaro Uribe und seiner Partei Centro Democrático - der stärksten organisierten Kraft unter den Gegnern der Friedensvereinbarungen - stellte Santos fest, sie verstießen gegen die Grundlagen des Abkommens.

Laut Medienberichten sind sowohl für die Farc-Guerilla wie für die Regierung fünf Punkte der Vereinbarungen, die das Uribe-Lager infrage stellt, "unumstößlich": die Garantie des Rechts auf Landbesitz für Kleinbauern und die im Lauf des 52-jährigens Krieges Vertriebenen; die Übergangsjustiz; die politische Beteiligung nach der Umwandlung der Guerilla in eine politische Partei; die Qualifizierung des Drogenhandels als politisches Delikt im Rahmen des Konfliktes, sofern die Gelder in die Finanzierung des bewaffneten Kampfes flossen. Fest stehe auch, dass die Verhandlungen zwischen Regierung und Farc stattfinden und keine politischen Parteien teilnehmen. Außerdem soll das Abkommen noch in diesem Jahr definitiv beschlossen und mit seiner Umsetzung begonnen werden.

Nach Angaben des Rechtsberaters der Guerilla, Enrique Santiago, seien die Farc durchaus bereit, einzelne Punkte zu präzisieren. Als Beispiel nannte er die Garantie auf Parlamentsmandate für ehemalige Guerilleros. Dabei müsse es sich nicht um die Anführer der Organisation handeln. Was keinesfalls in Frage gestellt werden könne, sei die Garantie, dass die Farc sich in eine politische Partei verwandeln und an den demokratischen Prozessen beteiligen können. Weitere Details nannte er nicht.

Das Friedensabkommen war in einem Plebiszit Anfang Oktober durch eine knappe Mehrheit abgelehnt worden. Santos hatte daraufhin einen "Nationalen Pakt für den Frieden" vorgeschlagen, an dem alle Parteien beteiligt werden sollen.

Die Rechten unter Führung von Uribe und Präsidentschaftskandidat Óscar Iván Zuluaga nutzen den Sieg des "Nein", um ihre Forderungen einzubringen und ihre politische Agenda zu präsentieren. Vor allem werfen sie Santos "Komplizenschaft mit Terroristen" vor und behaupten, er würde den "Willen des Volkes" missachten. Uribe und Ex-Präsident Andrés Pastrana forderten ihn auf zu erklären, ob er "die Stimme des Volkes" akzeptiere und den Vertragstext grundsätzlich auf den Prüfstand stellen werde. Sie kritisierten außerdem, Santos habe für die Nachverhandlungen ein zeitliches Limit gesetzt. Die nächsten Präsidentschaftswahlen sind 2018 und laut Umfragen sinkt Santos' Beliebtheit in der Bevölkerung. Aus der Uribe-Partei kamen bereits Stimmen, sich gegen weitere Verhandlungen mit den Farc zu stellen. Uribe selbst ging bisher auf den Vorschlag des Präsidenten ein, Gegner und Befürworter des Abkommens an einem Runden Tisch zusammen zu bringen.

Ein erstes geplantes Treffen zwischen Vertretern der Farc und des ultrarechten Lagers, das vergangene Woche stattfinden sollte, war jedoch von der Friedensdelegation der Guerilla kurzfristig abgesagt worden. Sie wollten keine "bilaterale Strategie" fahren und den "Saboteuren keinen Raum" geben. Zudem kritisiert die Farc-Führung, dass Uribe die verhandelte Übergangsjustiz vollkommen ausschließe. Er wolle seine Zustimmung zum Frieden an die Bedingung knüpfen, das Abkommen unter dem geltenden Gesetzgebungsprozess zu realisieren. Dies würde mindestens ein Jahr beanspruchen, in dem sich die Farc rechtlich und politisch in einer Grauzone befinden würden.

Auch Santos wies diese Forderung strikt zurück, denn damit werde sowohl die Tatsache der Existenz des bewaffneten Konfliktes im Land wie auch die Anwendung internationalen Rechts nicht anerkannt.

Von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen wird gegenwärtig eine Klage gegen die Nein-Kampagne vorbereitet. Uribe und seinem Lager wird vorgeworfen, gezielt falsche Behauptungen eingesetzt zu haben, um die Wähler zu verunsichern und gegen das Abkommen aufzubringen.

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